Positive Verstärkung vs. Korrekturen

Wenn unser Hund in unser Haus und in unser Herz einzieht, müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie wir ihm die Regeln der Menschenwelt beibringen möchten. In seiner Welt gibt es andere Regeln, andere Sichtweisen, andere Vorlieben und andere Abneigungen. Das was unser Hund von Natur aus mitbringt, ist eine hohe Anpassungsfähigkeit an ein für ihn fremdes Leben. In seiner Welt gibt es kein alleine bleiben müssen, kein gehen an der Leine, kein Verbot, den Garten umzugraben, kein Verbot, die Mülltonne zu räubern... all diese Regeln stellen wir Menschen auf. Das ist auch nicht falsch, die Frage ist nur, wie bringen wir unserem Hund diese Regeln bei? Es scheint erstmal sehr verlockend, einen Hund mit viel Lob und Leckerlis zu erziehen. Anfänglich hat man schnelle Erfolge, unser Hund ist hochmotiviert, für das begehrte Leckerli mit uns zusammenzuarbeiten. Wir meinen, dass wir so ganz nebenbei Liebe, Vertrauen und Respekt gewinnen. Die Ernüchterung kommt dann spätestens, wenn Ablenkungen ins Spiel kommen. Plötzlich sind wir und unser Leckerli uninteressant für unseren Hund. Auf einmal ist der andere Hund viel interessanter, oder die Spur viel aufregender, und wir wissen nicht mehr, wie wir unseren Hund dazu bekommen, auf uns zu achten.
Frust, Enttäuschung und Selbstzweifel mischen sich in die Gefühle, die wir für unseren Hund empfinden. Manche denken vielleicht, sie haben nicht fleißig genug geübt oder die Leckerlis sind nicht mehr attraktiv genug. Also übt man fleißiger oder holt sich bessere Leckerlis und geht auf dem falschen Weg weiter. Aber auf diesem Weg gelangen wir nicht zu unserem Ziel. Egal wie fleißig wir üben, egal wie gut die Leckerlis sind. Der Frust wird immer größer. Und das Schlimme ist, unser Hund versteht die Welt nicht mehr. Aus seiner Sicht hat er alles richtig gemacht. Wir bleiben in unserer Menschenwelt und agieren und reagieren wie ein Mensch. Unser Hund bleibt in seiner Hundewelt und agiert und reagiert wie ein Hund. Der Hund hat keine Chance sich zu verändern. Er kann keine Bücher lesen, Seminare besuchen oder über sein Verhalten nachdenken. Wir Menschen können das schon, und ich finde, das sind wir unserem Hund auch schuldig. Deshalb müssen wir uns erstmal die Frage stellen, wieso kommen wir mit der positiven Verstärkung nicht an unser Ziel? Die Antwort ist ganz einfach. Weil es eine positive Verstärkung in der Hundewelt nicht gibt. Hunde bestärken sich nicht gegenseitig wenn Sie etwas gut gemacht haben. Sie loben sich nicht, sie streicheln sich nicht, und sie geben sich erst recht kein Leckerli. Kein Hund sagt einem anderen Hund was er tun soll, und klopft ihm hinterher auf die Schulter. Sie sagen sich, was sie lassen sollen. Und das ist der alles entscheidende Unterschied.

Lob ist menschlich - Korrekturen sind hündisch

Lob ist eine Kann-Option - Korrekturen sind ein Muss

Was mir im Training immer wieder auffällt, ist, dass die Hunde, die mit positiver Verstärkung trainiert werden, uns Menschen nicht verstehen. Sie wissen nicht, was wir von ihnen möchten. Mich macht das immer traurig. Unsere Hunde bemühen sich, aber sie haben keine Chance, es richtig zu machen, da sie nicht wissen was richtig ist. Ich sehe deutlich ihre Fragezeichen in ihren Augen.
Ich weiß, dass es nicht schön aussieht, wenn ich über Korrekturen arbeite. Es dauert ein wenig, bis mich die Hunde verstehen. Ich muss ausprobieren, welche Korrektur in welcher Intensität erforderlich ist. Ich verstehe, dass die Menschen das nicht gut ertragen können, aber nachdem der Hund sein destruktives Verhalten aufhört und dann meinen Blick sucht, sehe ich dass sich seine Fragezeichen auflösen. Er geht wieder in die Kommunikation mit dem Menschen und jetzt bemerkt man, wie kooperativ er ist. Jetzt kann ich sofort den Druck rausnehmen und Harmonie und Leichtigkeit entstehen.
Korrekturen sind für mich der Schlüssel zur Kommunikation mit unserem Hund. Sie sind erstmal und immer mal wieder notwendig, aber sie bestimmen nicht den Alltag. Die Mehrzahl unserer Hunde möchten im Einklang mit uns leben. Und ich bin fest davon überzeugt, wenn Hunde sprechen könnten, würden Sie sagen :"Sag doch gleich, dass du das nicht möchtest, dann lass ich es eben sein."

Ich arbeite auch mit positiver Verstärkung, aber nur wenn der Hund Angst hat und ich ihn motivieren möchte seine Angst zu überwinden, oder wenn ich Kommandos verwende.
Das sind die einzigen beiden Ausnahmen, dass ich dem Hund sage, was er tun soll (ins Auto springen, durchs glatte Treppenhaus gehen, sich hinsetzen..)